Justizpalast 27|97

Der österreichische Justizpalast am Wiener Ring ist nicht nur ein imposantes Gebäude, sondern auch eine Wegmarke der politischen Entwicklungen Ende der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts.

Im Jahr 2007 ließ Bundespräsident Heinz Fischer eine Gedenktafel anbringen, deren versöhnlichen Text er selbst beisteuerte: „Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Republikanischen Schutzbundes und der Frontkämpfervereinigung im burgenländischen Ort Schattendorf am 30. Jänner 1927 wurden zwei unschuldige Menschen getötet. Die Täter wurden freigesprochen. Im Zuge einer gewaltsamen Demonstration gegen dieses Urteil wurde der Justizpalast in Brand gesetzt. Die Polizei erhielt Schießbefehl, und 89 Personen kamen ums Leben. Die Ereignisse dieser Zeit, die schließlich im Bürgerkrieg des Jahres 1934 mündeten, sollen für alle Zeiten Mahnung sein.“

Bereits 1997 erinnerte eine künstlerische Installation, bei der die Bilder der Wochenschau von 1927 auf das Gebäude projiziert wurden, an die Ereignisse, in deren Folge es zum „Bürgerkrieg“ zwischen Sozialdemokraten und der rechtsgerichteten Heimwehr und zur Errichtung des autoritären Regimes der Kanzler Dollfuß und Schuschnigg und 1938 zum „Anschluss“ an Nazi-Deutschland kam.

Im Dezember 2021 wurde die Diskussion über die Zeit des Austrofaschismus durch die Ernennung von Gerhard Karner zum Innenminister neu belebt. Dieser war nicht nur langjähriger Geschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, sondern als Bürgermeister der Gemeinde Texingtal auch Betreiber eines Dollfuß-Museums in dessen Geburtshaus.

Die Kunstinstallation sollte auf die Bedeutung des Justizpalastbrandes für die österreichische Geschichte verweisen und durch die Projektion der Bilder demonstrierender Menschen und des zugehörigen Textes ein Gefühl für die Größe des Ereignisses vermitteln. Zugleich war sie ein Beitrag zur Diskussion über die Bewertung der historischen Ereignisse, der verschiedenen Formen des Gedenkens und der Denkmalpflege.

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